Es war am 2. Advent 1892. Hubert Freitag, Küster und Organist an der Katholischen Pfarrkirche St. Sebastian zu Amelsbüren, war es gelungen, zusammen mit Pfarrer Josef Deermann und Kaplan Lohaus den Kirchenchor aus der Taufe zu heben.
Eine kleine Anzahl musikliebender Männer aus der Gemeinde hatte sich bereitgefunden, die heiligen Messen, besonders an Festtagen, zur Ehre Gottes und zur Freude ihrer Mitchristen durch ihren Gesang mitzugestalten. Die erste eingeübte Messe von Schmidt wurde am Fest Maria Himmelfahrt 1893 aufgeführt.
Gründerfoto aus 1900
Der Kirchenchor bestand also ursprünglich nur aus Männern. Aber schon im Jahre 1904 suchte der Chorleiter Hubert Freitag Verstärkung. Er fand sie in Schülern der Amelsbürener Dorfschule. Hauptlehrer Diehle war es, der dort Musikunterricht erteilte und stimmbegabte Jungen für einen Knabenchor abstellte. Die Übungsstunden des Kirchenchores fanden jeden Donnerstag in der Gastwirtschaft Freitag statt. Etwa zwei Proben zusammen mit dem Knabenchor genügten dann jeweils, um an den Hochfesten gemeinsam auftreten zu können. Gesungen wurde zu der Zeit z. B. schon die bekannte Stewer-Messe.
Heinrich Hördemann, 1913 als neuer Pfarrer nach Amelsbüren gekommen, hatte noch sehr viel Zeit. Er nahm, wie auch sein Vorgänger schon, an fast allen Proben des Kirchenchores teil. Im folgenden Ersten Weltkrieg litt die Chorarbeit sehr darunter, dass viele Männer Soldat werden mußten. In den letzten Kriegsjahren mußte sie sogar ganz eingestellt werden. Nach Beendigung des Krieges fanden sich die alten Sänger, sofern sie glücklich heimgekehrt waren, schnell wieder zusammen. Neue kamen hinzu.
In den "goldenen" 20er Jahren dann - das genaue Gründungsjahr ist nicht mehr bekannt - bildete sich zudem ein Jungfrauenchor. Er ging hervor aus der Jungfrauenkongregation, der üblicherweise jedes Mädchen, das aus der Schule entlassen worden war, beitrat. Geleitet wurde der Chor zunächst von verschiedenen Lehrerinnen der Dorfschule, namentlich noch bekannt Fräulein Badde. Die Übungsstunden fanden Sonntags Mittags in der Dorfschule statt. Der Jungfrauenchor trat allein auf an Hochfesten aber auch schon zusammen mit dem Kirchenchor. Der Knabenchor löste sich auf.
An ein Ereignis besonderer Art im Jahre 1928 erinnern sich viele Amelsbürener offenbar mit Stolz - an das Oratorium! Frauen, Männer und Kinder aus der Gemeinde stellten lebende Bilder aus der Bibel dar. Zu jedem Bild wurde gesungen und musiziert. Mitwirkende waren der Kirchenchor und der Jungfrauenchor, sowie Solisten und Instrumentalisten aus Münster. Bis zu den Aufführungen im Saal der Gastwirtschaft Elbers mußte lange und intensiv geprobt werden. Die Gemeinde nahm großen Anteil, so daß das Oratorium zu einem vollen Erfolg wurde.
Der Zeitgeist der 30er Jahre verunsicherte die Zielsetzungen des Kirchenchores nicht. Trotz aller Widerstände von außen versuchte Hubert Freitag mit seiner Familie und Gleichgesinnten, der Gemeinde kirchliches Liedgut zu bewahren. Der Präses ermutigte die Chormitglieder ebenfalls zum Durchhalten. Die Ehrenmitglieder trugen finanziell mit dazu bei, dass jährlich im Herbst bei "Wittlerbaum" ein Chorfamilienfest gefeiert werden konnte. Die aktiven Sängerinnen und Sänger ließen durch Lieder, "Dölmekes" und Scharaden echte Geselligkeit aufkommen. Unvergessen aus dieser Zeit bleibt der "Davertdichter" Theodor Laumann. Einige ältere Mitglieder haben sie sogar als "Blütezeit" des Chores in Erinnerung.
Auch in der schweren Zeit des Zweiten Weltkrieges blieben der Gemeinde der Kirchenchor - er durfte zwar nur noch in der Kirche singen - und der Jungfrauenchor erhalten. Die Abwesenheit vieler Männer führte abermals dazu, daß der mehrstimmige Gesang vorübergehend eingestellt werden mußte. Bernhard Pälmke und Leo Aschwer fielen. Es folgte quasi der Zusammenschluß beider Chöre. Von einem echten gemischten Chor war man jedoch noch ein gutes Stück entfernt, denn man übte weiterhin in der Regel getrennt und trat gemeinsam wie auch getrennt auf.
Kirchenchor 1952
Im Dezember 1945 verstarb Hubert Freitag nach langen Jahren äußerst verdienstvollen Wirkens. Seine Tochter Huberta war es, die die Tradition ihres Vaters fortsetzte. Und hier zeigt sich., wie eng der Name Freitag mit dem Kirchenchor St. Sebastian verbunden ist. Sie übernahm den Jungfrauenchor und verlegte die Proben, wie früher beim Knabenchor praktiziert, in das häusliche Wohnzimmer. Huberta Freitag leitete vorübergehend auch die Männer des Chores, und zwar bis am 1.1.1947 August Everding kam. Er hatte vorher schon den früheren Männerchor "Davertklang" , dirigiert und bewegte einige Mitglieder, mit ihm in den Kirchenchor zu wechseln. Unter seiner Leitung nahm der Chor unter anderem, wie auch vor dem Zweiten Weltkrieg schon, an verschiedenen Dekanatstreffen teil. Mit kirchlichen und weltlichen Liedern wurde jeweils um Siegerehren gestritten. August Everding verstand es, die Tradition seines großen Vorgängers fortzusetzen. Mit Fleiß, Beharrlichkeit und Gemeinschaftssinn, verbunden mit seiner Liebe zur Musik, erwarb er sich viele Freunde. Er hielt den Chor nicht nur zusammen, sondern konnte noch viele neue Mitglieder hinzugewinnen. Im Jahre 1968 verlor er seine Mitdirigentin. Huberta Freitag, die sich nicht minder um den Kirchenchor verdient gemacht hatte, verschied nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von nur 55 Jahren.
Fortan ließ August Everding die Frauen und Männer nicht mehr nur gemeinsam auftreten, sondern probte auch mit allen zusammen - in seiner Gaststätte "Zur alten Post". Der Jungfrauenchor hatte sich inzwischen zu einem Frauenchor entwickelt, denn es war üblich geworden, dass die Frauen auch nach ihrer Heirat im Chor verblieben. Für uns alle viel zu fiüh, nämlich am 3.3.1976, ereilte auch August Everding der Tod im Alter von nur 59 Jahren, ebenfalls nach kurzer schwerer Krankheit. Heidel Hölscher, die zuvor schon als Vizedirigentin gewirkt hatte, stellte sich spontan in den Dienst der guten Sache und überbrückte die Zeit, in der August Everding nicht mehr zur Verfügung stand.
Ein neuer Chorleiter wurde in Lehrer Johannes Kleist gefunden, der nach der Generalversammlung 1976 seine Chorarbeit aufnahm. Johannes Kleist setzte durch sein Engagement mit neuzeitlichen Messen und Liedern, darunter auch eigene Kompositionen, neue Akzente. Nach über sechsjährigem fruchtbaren Wirken sah er sich im April 1982 aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, seinen Abschied zu nehmen.
Und wieder war es Heidel Hölscher, die dankenswerterweise helfend einsprang. Ab September 1982 lag dann die Dirigentenstabführung in den Händen eines Mannes, der bereits im wohlverdienten Ruhestand lebte. Um so mehr waren wir Kantor i.R. Heinrich Willers, Senden, dankbar, dass er dem Ruf nach Amelsbüren folgte. Aus Altersgründen verstand er sich, wie er immer wieder betonte, von vornherein nur als Übergangslösung. Wir waren sehr Froh, wenigstens bis Januar 1986 von seinem großen Können und seiner außergewöhnlichen Mensch- lichkeit profitieren zu dürfen. Nachdem von ihm selbst geprägten Motto "Viel Freude durch Singen" haben wir in seiner Zeit mit bemerkenswerten Auftritten auch außer- halb der Pfarrgemeinde sehr schöne Erfolge erzielt.
Mit Freude, aber nicht ohne Wehmut, überließ Herr Willers dann auf der Generalversammlung 1986 Martin Göbel, Lüdinghausen, zuletzt Kantor in Sögel die Chorleitung. Da Herr Göbel jedoch inzwischen das Theologiestudium aufgenommen hatte, um Priester zu werden, wußten wir, daß auch er uns nicht lange erhalten bleiben würde. So ging bereits im Mai 1987 die schöne Zeit mit ihm wieder zu Ende. Aufgrund seiner musikalischen und pädagogischen Fähigkeiten und seiner besonderen Ausstrahlung haben wir gerade diese Zeit als sehr harmonisch in guter Erinnerung.
Kirchenchor 1992
In Frau Hedwig Wetzel, Münster, gebürtig aus Bensheim/Hessen, fanden wir Gott sei Dank schnell eine würdige Nachfolgerin. Sie, Lehrerin von Beruf und Kirchenmusi- kerin, leitet unseren Kirchenchor St. Sebastian nunmehr bereits seit vielen Jahren. Frau Wetzel nimmt ihre Aufgabe mit viel Einfühlungsvermögen und großem Engagement wahr. Von ihrem eigenen Gesangsunterricht, ihrem persönlichen Hobby, profitiert der Chor besonders, vor allem durch Stimmbildung. Wir wünschen uns, dass sie uns in ihrer lockeren und humorvollen wie auch selbstlosen Art noch lange als Chorleiterin in Amelsbüren, wo sie sich nach eigenem Bekunden wohlfühlt, verbunden bleibt.
Soweit bekannt, noch ein Wort zu den Ersten Vorsitzen- den des Kirchenchores St. Sebastian: Über viele Jahre, nämlich von 1951 bis 1967 bekleidete dieses Amt der verstorbene Josef Freitag-Wittlerbaum. Sein Nachfolger wurde Friedhelm Vormann, der den Chor 10 Jahre lang bis 1977 führte. Für zwei Jahre dann war Karl Hundrup, ebenfalls wie Friedhelm Vormann langjähriges treues Chormitglied, an der Reihe. 2003 löste Elke Wübbeke den Vorsitzenden Reinhard Entrup auf dieser Position ab, dessen Vorgänger Albert Wünnemann war.